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Friesenpferdezucht - 
Nachkommenkörung 1995

veröffentlicht im Pegasus 4/1995

Ouke Nachkommenkörung 1.jpg (39123 Byte)

Afstammelingenkeuring, zu deutsch, Abstammungskörung, Nachzuchtprüfung oder Nachkommenkörung.

Das sind Begriffe, die alle dieselbe Bedeutung haben und in der Friesenzucht dem Kenner geläufig sind.

Aber was bedeutet Nachkommenkörung überhaupt und was steht dahinter?

Ouke Nachkommenkörung 2.jpg (37480 Byte) 

Im Mai dieses Jahres haben 9 neue Hengste die Hengstleistungsprüfung bestanden. Diese jungen nun ins Stammbuch eingetragenen Hengste haben sich in der Zucht noch nicht bewähren können. Sie sind also, so kann man sagen, auf „Probe“ in der Zucht. Das nennt sich "vorläufig (gut)-gekört". Man kann noch nichts über ihre Vererberqualität sagen, nur erahnen (reine Spekulation). Gemäss Statuten des F.P.S. (Friesch-Paarden-Stamboek), muss der Junghengst in dem Jahr, wenn seine ersten Nachkommen das 3. Lebensjahr erreichen, zur Nachkommenkörung. Die Nachkommenkörung ist nach der bestandenen Hengstleistungsprüfung der wichtigste Tag im Leben eines Stammbuchhengstes. In Holland gilt es mehr oder weniger als eine Selbstverständlichkeit, ja ist sogar eine Ehre, wenn ein Nachkomme des zu prüfenden Hengstes an dieser Nachzuchtprüfung teilnehmen darf. Die jungen Pferde; Fohlen, Ein-, Zwei- und Dreijährigen werden extra für diesen Tag schon Wochen vorher in Topform gebracht, damit sie sich an diesem Tag optimal in Gang und Gebäude zeigen können. Kannten sie meist doch den langen Sommer über die Freiheit der unendlichen weiten Koppeln von Friesland. Je nach Züchter hatten die Jungpferde mehr oder weniger Kontakt zu den Menschen. Das ist eine schwierige Aufgabe, die noch so jungen Pferde "körklar" zu machen. Die jungen Friesen werden geschult. Sie lernen ruhig hinzustehen und sich an der Hand in Schritt und Trab führen zu lassen. Die anfallenden Kosten für Training, Stall- und Futtergeld übernimmt der Hengsthalter! Die „Kinder“ müssen an diesem Tag das beste geben, was in ihnen steckt. Nicht nur um des Vaters Namen ins beste Licht zu rücken. An erster Stelle sollte es immer um eine gute Zucht gehen. Aber an dieser Stelle muss auch gesagt sein, es geht hier auch um viel Geld, um sehr sehr viel Geld. Es geht manchmal um die Existenz des Züchters, nicht nur um sein Beruf als Deckhengsthalter - ob sein' oder nicht sein'!

An einer „Afstammelingenkeuring“ nehmen 18-21 Fohlen, 5-9 Jährlinge, 5-8 Zweijährige und 9-12 Dreijährige; eine Nachkommengruppe von rund 40-46 Pferden teil. Davon wird knapp über 50% der Nachkommen vom Hengsthalter selber ausgesucht, der andere Teil wird vom Vorstand des F.P.S. aufgeboten (geprikt).

Die Nachkommen werden in Altersgruppen aufgeteilt, bewertet und miteinander verglichen; Fohlen "Veulens", Jährlinge "Enters" genannt, die „Twenters“ (Zweijährigen) und die „driejarigen“ (Dreijährigen). Die Enters und Twenters sind besonders schwer zu beurteilen, da Ihr Wachstum sich in Schüben vollzieht. Mal gehts hinten, mal vorne hoch, nicht immer zeigen sie ein ausgewogenes harmonisches Bild. Frage über die Qualität der Nachkommen werden gesucht und beantwortet. Wie ist Ihre Gesamt-Entwicklung? Haben sie viel Typ und Wuchs? Vorallem, wie bewegen sie sich?

Sinn und Zweck der Nachkommenkörung

Wichtigstes Kriterium ist jedoch, was haben die Halbgeschwister gemeinsam? Wie stark konnte sich der Vater vererben? Jede Körperpartie wird genauestens studiert. Wenn man sehen kann, dass sich das Vatertier positiv auf die Friesenzucht auswirkt, also auch mit einfachen Stammbuchstuten, nicht nur Ster- oder Modelstuten, gute und korrekte Nachkommen zeugt, darf er in der Zucht bleiben. Der Hengst ist dann eine Bereicherung für die Zucht. Im Nachkommenbericht wird stehen: Auf der Grundlage der gezeigten Pferde hat der Vorstand des F.P.S. auf den Rat der Jury hin die Nachkommen des Hengstes X gutgekört. Mit hin kann der Hengst sich an der Hengstkörung 19xx beteiligen...

Er ist dann „op afstammelingen goedgekeurd“!

Die Namen der Deckhengste erreichen schon zu Lebzeiten grossen Ruhm und man spricht mit Würde von ihnen, wie von einem König.

Jedes Jahr müssen alle Stammbuchhengste bis einschliesslich dem zwölftem Lebensjahr an einer durch den Vorstand ausgeschriebenen Prüfung teilnehmen. Ebenso müssen die Stammbuchhengste jedes Jahr im Januar der Stammbuchkommission an der Hengstenkörung in Leeuwarden vorgestellt werden. Dort erhalten sie bei erfolgter Körung eine Deckerlaubnis, die bis zur ersten darauffolgenden Hengstkörung gültig ist.

Die Nachzucht-geprüften Stammbuchhengste werden in die Liste „Fokwaarde-Indikatie Friese Stamboekhengsten“ aufgenommen. Eine Tabelle, in der der Züchter sehen kann, wie sich er gutgekörte Hengst vererbt. Folgende Antworten, infolge von (+) = positiv und (-) = negativ, oder ein Kästchen ÿ für „weder gut noch schlecht = undeutlich“, bekommt der Züchter Informationen über Typ und Gebrauch, über genaue Exterieurvererbungen, von Kopf, Hals, Schulter und Rücken bis zur Kruppe, Teil für Teil beschrieben, auch genaueste Informationen über Gangqualitäten und Beinstellungen. Diese Zusammenstellung nützt jedoch nur demjenigen Züchter, der die Informationen auch zu verwenden weiss. Der Züchter muss die Fehler seiner Stute genauestens kennen. Nur dann ist es möglich, einen passenden Hengst zu finden, der die gewünschten Positivpunkte auch vererbt. Ebenso hilft dem Züchter die für seine Zuchtstute errechnete Hengst-Tabelle des Inzuchtgrades. Eine Garantie gibt es in der Pferdezucht nicht, es braucht viel Wissen, ein „goldenes Händchen“ und viel viel Glück.

Wenn die gezeigten Nachkommen keine spezielle Qualität aufweisen können, oder noch schlimmer, Fehler festgestellt werden, ist das "Zucht-Geschäft" knallhart. Richterspruch - abgekört!

Die Bewertung und das Ergebnis wird erst nach Besichtigung aller Hengst-Nachzuchtkandidaten bekanntgegeben.

Letztes Jahr gab es viel Aufruhr um die Hengste Nammen 309 (Djurre x Lammert) und Meier 307 (Lammert x Rients). Nammen 309, der eine Anzahl 1e Prämienfohlen brachte und Meier 307, der aus der selten gewordenen Age-Linie stammte, wurden trotz grösstem Protest der Züchter abgekört. Ein harter Schlag! Die Züchter haben sich für eine zweite Nachkörung beider Hengste eingesetzt und zum ersten Mal in der Geschichte fand dann auch eine zweite Nachzuchtprüfung statt, die den Hengsthaltern erneut viel Geld gekostet hat. Aber genützt hat es nichts, der Vorstand des F.P.S. blieb dabei, abgekört! Jeweils eine Prognose über die Nachzuchtprüfung zu stellen ist schwer. Vor zwei Jahren wurden alle fünf Hengste gutgekört.

Ergebnisse

Dieses Jahr wurden 7 Hengste des Körjahrganges 1991 in Friesland zur Nachkommenkörung aufgerufen und bewertet:

Gutgekört, aufgrund der positiven Vererbung wurden:

311 Melle (Frâns x Rients), stammt aus 2. Linie x 1. Linie (knapp geschafft)

312 Piter (Ygram x Tsjalling), stammt aus 1. Linie x 3. Linie

313 Ouke (Hearke x Romke), stammt aus 1. Linie x 3. Linie

315 Olof (Reitse x Lammert), stammt aus 1. Linie x 2. Linie

316 Pike (Ygram x Lammert), stammt aus 1. Linie x 2. Linie

Abgekört wurden leider:

310 Nikolaas (Doeke x Keimpe), stammt aus 2. Linie x 2. Linie

314 Obe (Reitse x Oege), stammt aus 1b. Linie x 1a. Linie

1. Linie: Tetman 205 (a: Jarich 226, b: Mark 232 pref.),

2. Linie: Age 205 und

3. Linie: Ritske 202 pref.

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Stammbuchhengst Ouke 313 in deutschem Besitz

Ouke 313, der eine stattliche Anzahl von 1e Prämienfohlen aufweisen kann, ist der erste Jungdeckhengst in deutschem Besitz (Hajo + Christa Dannefelser aus Geldern), der eine Nachzuchtprüfung ablegen musste. Es steckt eine unglaubliche Arbeit und Mühe dahinter eine Nachkommenkörung zu organisieren. Die Dannefelsers hattens zweifelsohne am schwersten. Die grösste Mühe war, die deutschen Züchter über die Nachkommenkörung erst einmal aufzuklären und diese dazu zu bewegen, ihr Ouke 313-Kind für diese Prüfung zur Verfügung zu stellen. Das kostete unendlich viel Schweiss und man staune 10’000! Auto-Km, aber der Riesenaufwand hat sich gelohnt. Ouke 313 ist anhand seiner einheitlichen Nachkommen, die sich durch grossen Wuchs, raumgreifenden Gängen mit Schub aus der Hinterhand und guter Schwebephase präsentierten, gutgekört.

Ouke’s erste BRD-Decksaison 1993 beschälte er gerade 13 Stuten, in der Saison 1995 waren es schon 101 Stuten, Nachfrage steigend! Die Züchter entscheiden selbst, zu welchem Hengsten sie gehen, Qualität spricht sich schnell rum. So bekommt ein Hengst, der nicht besonders gut züchtet automatisch weniger Stuten.  

Ouke_Familienbild.jpg (21630 Byte)
(Familienbild aus vergangenen Tagen
HaJo Dannefelser mit Frau Christa und Jan Kers mit Frau Yvonne, inmitten natürlich der nach mittlerweile nach Amerika verkaufte Ouke 313).

 

In Amerika werden zwei Hengste zur Nachzuchtprüfung aufgerufen.

Jildert 299 (Mark x Ulrig) von T. + J. Tuls, San Jacinto, CA USA

Ids 300 (Hearke x Fokke) von F. Leyendekker, Visilia, CA USA

Vom Stammbuch wurde letztes Jahr beschlossen, erst eine Nachkommenkörung zu machen, wenn der älteste Nachkomme 5 Jahre alt ist. Diese Prüfungen sollten 1995 noch durchgeführt werden.

Anzahl geborene Fohlen im Deckjahr 1994 war bei beiden Hengsten je nur 14 Fohlen, davon je eines mit einer 1. Prämie.

In Amerika stehen 13 Stammbuchhengste (einer davon, Bendert 281 steht alle zwei Jahre in Friesland den Damen zur Verfügung). Pro Stammbuchhengst werden nicht mehr als 8-14 Fohlen geboren. Ein Teil stammt aus eigenen Stuten aus dem jeweiligen Gestüt, einen Teil sind Fremdstuten. Amerika ist gross und die Liebhaber dieser Zucht müssen mit ihren Stuten sehr weit reisen, mehrere 1000 km wenns sein muss, um zu einem entsprechenden Hengst zu fahren. Was für Idealisten!

Die Friesenzucht hat in letzter Zeit einige Veränderungen erlebt. Durch den Tod von König Hearke 254 pref., seinem Sohn Reitse 272 und Jelmer 297 wurde ein Loch in die Zucht gerissen. Ebenso wurden Nammen 308 und Meier 307 1994 abgekört, nun noch Nikolaas 310 und Obe 314 und die Hearke 254 pref.-Söhne Gerlof 294 und Warn 335 in die USA verkauft.

Die nächsten Hightlights werden die Stutkörung, 21. Oktober 1995 in Leeuwarden und die Hengstenkörung, 12./13. Januar 1996 ebenfalls in Leeuwarden, Friesland, sein!

Medientipp:

Wer mehr über die Friesenpferde, deren Kauf und Zucht lesen möchte kann das in der Schriftenreihe des DFZ

Heft 1: Vom Kauf eines Friesenpferdes

Heft 2: Das Friesenpferd (2. Auflage)

Autor: Prof.Dr. Arndt Raupach, München, Rechtsanwalt, Pferdezüchter und erster Vorsitzender des DFZ

Diese Hefte sind zu beziehen über die Geschäftsstelle des DFZ (Deutsche Friesenzüchter im F.P.S.), Breite Steinstr. 9,

D-37186 Moringen, Tel. 05554/2457, Fax 05551/65669


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